Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Und es soll geschehen: Wer des HERRN Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Joel 3



Carl Welkisch, ein wichtiger Mystiker des 20. Jahrhunderts

Im Mystiker Carl Welkisch (1888 – 1984) ist Gott uns einen großen Schritt nähergekommen, wie er es in seiner Biographie offenlegt.
Edmund Mangelsdorf wird uns nun schon zum fünften Mal von seinen Erfahrungen mit diesem Mystiker berichten, dem er in persönlicher Freundschaft verbunden war, und er will uns Aspekte und Einsichten darstellen und nahebringen, die aus dieser Mystik resultieren. 


Vortrag im Interreligiösen Dialog, Donnerstag 19. April 2012, 20 Uhr im Kleinen Saal der Evangelischen Zwölf-Apostel-Gemeinde in Berlin-Schöneberg
Dies ist der 5. Vortrag, den ich über Carl Welkisch in diesem Rahmen des Interreligiösen Dialogs halte. In den vorhergehenden Vorträgen habe ich Carl Welkisch zunächst als Menschen und Mysti- ker vorgestellt, dann über Seine Jenseitserfahrungen berichtet, weiter seine Einsichten die Auferste- hung Jesu und allgemein die Leibesvergeistigung betreffend dargestellt und schließlich über das Böse aus seiner Sicht als Mystiker gesprochen. Auf einer Fahrt im Rahmen des Westpreußischen Bildungswerks besichtigten wir das Schulhaus, in dem Carl Welkisch geboren wurde, und darin das Klassenzimmer, den Ort seines ersten Berufungserlebnisses.
Heute nun möchte ich nicht nur einen großen Überblick über seine Aufgabe und sein Wirken geben, sondern ihn zugleich auch aus meinem Erleben bei der Begegnung mit ihm schildern und ihn somit auch als Menschen meinen Zuhörern nahe und näher bringen.
Dabei mögen Einsichten vermittelt werden, die aus Carl Welkischs Mystik resultieren, und die für uns Heutige im Spannungsfeld zwischen Geist und Welt wichtig und richtungweisend sein können. Ich muss mich beschränken und will sie in sechs Thesen grob skizzieren. Sie können Grundlage einer anschließenden Diskussion sein.

Von Anfang an wird deutlich, dass Carl Welkisch ein Mensch mit außergewöhnlichem Lebens-­‐ weg war. 1888 in Gloden, heute polnisch Głodno, in der Provinz Posen des damaligen Deut-­‐ schen Kaiserreichs geboren, erhielt Carl Welkisch schon als Kind ein erstes großes Berufungserleb- nis. Der Siebenjährige las in seinem geliebten „religiösen Buch mit Bildern“ von der Auferweckung des Jünglings von Nain. Da erschien ihm Christus und gab ihm in einer Offenbarung die Prophezei- ung: „Auch du bist zu diesem Weg berufen und sollst dasselbe Ziel erreichen!“1 Gemeint war die Entwicklung, die zu einem ebensolch hohen Ziele, wie Christus es erreicht hatte, führen sollte. In seinen zahlreichen Christusverbindungen im Laufe seines langen Lebens – er starb 96jährig in Über- lingen am Bodensee – wurde Carl Welkisch dann immer wieder die genaue Entsprechung zu Christi damaligem Erdenwege bedeutet. Entsprechend tief waren auch die Leiden, die zu diesen Lebenssta- tionen gehörten. Gerade diese außergewöhnlichen und tiefen Leiden, die ihn sein gesamtes Leben begleiteten – auch im Konzentrationslager der nationalsozialistischen Hölle – und die in ihrer über- sinnlichen Art stellvertretende Leiden gewesen sind, machen seinen Weg und seine Gottes- und Christusverbundenheit glaubwürdig.
So gab es auch in Carl Welkischs Leben einen Judas, der ihn verriet. Es gab zahlreiche Heilungs- wunder in einer längeren Periode seines Lebens, besonders in Breslau in den Zwanziger Jahren. Ich selbst habe 1950 Heilung in medizinisch auswegloser Situation erfahren, worüber ich bereits in die- ser Gemeinde berichtet habe. Wie damals Jesus, wurde auch er dieser wundersamen Heilungen we- gen angegriffen. Man sprach von Betrug, dem man ihm nachzuweisen und dabei auch Fallen zu stel- len versuchte, allerdings ohne Erfolg. Auch er hat die Kreuzigung Christi in mystischem Erleben bis in alle Einzelheiten hinein nachvollziehen sollen, wie das auch andere Mystiker erfahren haben.
Meine wundersame Heilung von schwerer Krankheit (tuberkulöse Meningitis) geschah, als ich sieben Jahre alt war. Erfahren habe ich davon allerdings erst mit 15 Jahren, als es Carl Welkisch 1957 erstmalig nach dem 2. Weltkrieg wieder nach Berlin führte und er meine Familie besuchte. Ich lernte ihn als einen zugewandten Menschen kennen, der mich sehr freundlich begrüßte und sich nach meinem Wohlbefinden erkundigte. Ich sah, dass es ihn aufrichtig freute, mich nach meiner schweren Krankheit nun so gesund und munter vorzufinden. Nachdem er wieder gegangen war, fragte ich meinen Vater, was das denn für ein Mann gewesen sei, den er so ungewöhnlich herzlich begrüßt hat- te. „Ja, das ist ein Mystiker, der morgens im Himmel und abends in der Hölle unterwegs ist oder um- gekehrt“, klärte er mich auf. Mein Vater hatte sich viel mit Religionen und Philosophien beschäftigt und dabei ein recht umfangreiches Wissen erworben, und da wunderte mich diese lapidare Antwort
schon, aber ich verlangte nicht weitere Aufklärung.
Da ich in dieser Zeit eine doch recht heftige Pubertätskrise durchmachte und mich auch von den kirchlich-religiösen Dingen zu entfernen begann – ich wollte nicht einmal mehr konfirmiert werden –, äußerte meine Mutter den Wunsch, dass sich Carl Welkisch mir noch einmal eingehender widmen sollte. Trotz seines sehr gefüllten Terminkalenders kam es dann zu einer weiteren für mich dann aber sehr folgereichen Begegnung.
Ich war im elften und zwölften Jahr von den Eltern in die Obhut des Don-Bosco-Heims in Berlin- Siemensstadt gegeben worden, und als ich das Carl Welkisch erzählte, fragte er mich, ob ich denn da nicht auch von Dominikus Savio, dem wunderbaren Schüler Don Boscos, gehört hätte. Ich bejahte das heftig, denn ich war sogar in einer nach ihm benannten Gruppe eingeteilt gewesen und damit sehr ausgezeichnet worden. In der Folge des weiteren Gesprächs über Don Bosco und Dominikus hielt Carl Welkisch plötzlich inne und teilte mir mit, dass Dominikus gerade geistig anwesend sei, sich sehr über meine Freundschaft zu ihm freue und mich herzlich grüßen lasse. Das war eine unge- heuerliche Aussage, denn es wurde gerade in diesem Jahr der einhundertste Sterbetag des inzwischen Heiliggesprochenen begangen. In den folgenden Sekunden des Schweigens lief ein besonderes Rä- derwerk in mir ab. Was erzählt mir da dieser alte Mann von 69 Jahren? Ein Mensch, den ich kaum kannte, konfrontiert mich mit solcher Ungeheuerlichkeit! Aber da passierte etwas in mir, was ich vorher noch nie erlebt hatte. Ein Strom ganz tiefer Liebe überflutete mein Herz ganz und gar und nahm jeglichen Zweifel hinweg und bestätigte mir: Das hier Gesagte ist wahr! Wir sprachen dann noch über vieles, bis ich mich wegen einer Probe im Jugendchor der Auenkirchengemeinde verab- schieden musste. Alles wirkte noch tagelang stark in mir nach, und so nahm ich das Angebot Carl Welkischs an und schrieb ihm einen Brief, den er sehr freundlich beantwortete, und er ließ mir dann auch sein gerade erschienenes Buch „Im Geistfeuer Gottes“ zukommen. Beim Lesen gerade auch der einleitenden Kapitel über Wesen und Ziel der Mystik kamen diese wunderbaren Einstrahlungen wie- der in mein Herz, unvergesslich, und sie haben sich tief in mein Herz geradezu eingraviert. Ich las nicht, ich erlebte untrüglich Wahrheit, und das löste Glück und Tränen zugleich aus. So kam ich zu Carl Welkisch, den ich dann in Überlingen am Bodensee besuchen durfte, wobei ich viel Außerge- wöhnliches erfuhr und miterlebte. Ich durfte ihn bis zu seinem Ende auf dieser Erde in Freundschaft begleiten, und die Freundschaft dauert nun auch darüber hinaus weiter an.

So nun die erste These

Es gibt ein persönliches Fortleben nach dem Tode


Der Mensch lebt nach seinem irdischen Tode weiter. Carl Welkisch hat gerade durch seinen beson- deren Auftrag, den er von Gott erhalten hatte, mit unendlich vielen Verstorbenen Verbindung gehabt. Diese ist ihm immer spontan gewährt oder auch auferlegt worden. Er hat nicht danach gestrebt. Schon als Kind ist ihm die jenseitige Welt gezeigt worden. Nicht immer waren diese Verbindungen angenehm, und er musste vielfach Verstorbenen Hilfestellung leisten, soweit dies Christus und Gott von ihm verlangten. Carl Welkisch erlebte verstorbene wie auch hier noch lebende Menschen immer von innen, d. h. er wurde mit ihnen im Geiste innig verbunden; er tauchte sozusagen in die innerste Persönlichkeit des Anderen ein. Und so gab es für ihn keinen Irrtum, denn er konnte Verstorbene, die sich als andere ausgaben – und solche gab es –, sofort als unecht identifizieren. So waren auch Gott und Christus niemals nur äußere Erscheinungen, sondern immer erlebte Gegenwart in innigster
mystischer Vereinigung, in der unio mystica, unverwechselbar.
Ich erinnere mich an den Bericht einer Freundin, die durch ihren Mann Carl Welkisch zwar verbun- den war, aber an eine Fortexistenz nach dem Tode nicht recht glauben konnte. Carl Welkisch hörte sich das sehr ernsthaft an, wie er überhaupt jeden Menschen sehr ernst nahm. Wenn sie es denn nicht glauben könne, dann verstehe er das wohl, sie habe ja nicht das direkte Erleben, wie er es habe. Aber wo sie im Gespräch darüber waren, meldete sich der Großvater, der traurig darüber war, dass seine geliebte Enkelin ihn für tot hielt, und er lasse ihr etwas sagen. Die Botschaft des Großvaters, den Carl Welkisch zu irdischen Lebzeiten nicht gekannt hatte, zeigte aber so eindeutig seine persönliche Art in dem, was er sagte, und da er zudem noch einen Kosenamen aussprach, den nur sie kannte, konnte sie nun nicht umhin, die Echtheit dieses Erlebens anzuerkennen. Und sie fühlte ihren Großva- ter nun durch Carl Welkischs Vermittlung auch deutlich in ihrem Inneren und war sehr froh darüber, nun die wahren Verhältnisse erkannt zu haben. Viele weitere Beispiele ließen sich anfügen.
Es gibt sie also, die jenseitige Ebene, die so gewaltig groß ist, dass sie in ihrer Vielfalt unermesslich ist. Die Geister, nicht etwa nur Verstorbene, sind dort in Sphären miteinander verbunden, anders als hier auf der Erde, wo sie bunt gemischt sind, damit sie voneinander lernen können. In diesen Sphären sind Geister zusammengefasst, die einen ähnlichen Entwicklungsstand in ihrer Liebe zu Gott haben. Carl Welkisch bestätigt ausdrücklich aus seinem eigenen Erleben die Schilderungen des Sehers Emanuel Swedenborg (1688 – 1772), dass der von Gott und Christus den ausdrücklichen Auftrag erhalten hatte, uns Menschen hier von den Verhältnissen auf den jenseitigen Ebenen zu berichten. Er war in die Zeit der Aufklärung geschickt, um Aufklärung auch im Geistigen zu geben. Leider hat Immanuel Kant ihn in einer Schmähschrift schrecklich diffamiert, obwohl er, wie wir heute wissen, persönlich von den Gaben Swedenborgs überzeugt war.

Zweite These
 

Es gibt eine Existenz des Menschen vor dem Leben hier auf der Erde, eine Präexistenz

Nicht anders als Jesus Christus sind auch wir von jenseitigen Ebenen aus hier in diese Welt gekom- men. Der Schöpfungsbericht in der Genesis bezieht sich auf die Erschaffung unseres „individuellen Geistes“ in geistigen Reichen, längst vor unserer Geburt hier. Carl Welkisch hat gerade durch seinen besonderen Auftrag die Fähigkeit erhalten, den Geist im Wachbewusstsein erleben zu können, ohne in Ekstase zu fallen. Unser Geist ist eine voll ausgebildete erwachsene Persönlichkeit, wie ihn Carl Welkisch gerade bei Neugeborenen immer wieder erlebt hat. Er hat ihn nun deutlich von der Seele des Menschen unterschieden, die gleichzeitig mit dem Körper nach dem Befruchtungsvorgang ent- steht, aber sich wie dieser erst hier entwickeln muss. 

Dritte These

Das Leben im Hier und Jetzt ist für jeden einzelnen Menschen von größter Bedeutung


Der menschliche persönliche, individuelle Geist hat in seinem wie auch immer gearteten Vorleben auf der jenseitigen Ebene von seiner Freiheit, die ihm Gott als unveräußerliches Gut mitgegeben hat, Gebrauch machen können. Carl Welkisch wurde gezeigt, dass es zum Fall Satans, des großen Licht- trägergeistes (Luzifer) gekommen ist und ihm viele gefolgt sind, wie es in der Bibel berichtet wird. Dieser Geist entwickelte einen Hochmut gegenüber seinem Schöpfer und wollte aus eigener Kraft handeln und sein Leben selbst bestimmen. So wurde er zum Widersacher Gottes. Er hat mit seinem Sturz nicht nur viele andere, sondern auch sein ursprüngliches „Lichtgewand“ in die Tiefe mitgeris- sen, das wir heute hier als grobstofflichen Kosmos um uns herum in seiner starren Kälte erleben. Gottes Weisheit hat diesen Widersacher und sein Gefolge nun aber nicht vernichtet, wie Gott keines Seiner Geschöpfe vernichtet. Er hat ihnen sogar einen großen Teil ihrer Macht erhalten, die sie nut- zen dürfen, um andere Geister und Menschen zu verführen, ihren Willen in gleicher Weise zu ge- brauchen. Der Mensch Jesus berichtet uns von dieser Verführungskraft, aber er erliegt ihr nicht, son- dern weist sie in ihre Schranken. Carl Welkisch hat diesen Widersachergeist und viele seiner Ge- folgsleute ebenfalls erlebt und auch erdulden und sich gegen ihre Heimtücke wehren müssen. Ich hatte im Vortrag über das Böse davon ausführlicher berichtet.
So gab und gibt es viele Geister, die ihre himmlische Reinheit mehr oder weniger verloren haben. Diese Reinheit zurückzugewinnen, nehmen Geister nun freiwillig auf sich, indem ihnen Gott die Gelegenheit dazu gibt, sich in die grob materielle Welt dieses Kosmos’ zu inkarnieren, sich in das Gefängnis des groben Fleisches zu begeben. Carl Welkisch hat das Grauen der Geister und auch das seines eigenen Geistes erlebt, die vor ihrer Inkarnation standen und ihr Gefängnis, in das sie nun ge- hen sollten, betrachten konnten. Dass sie es dann trotzdem freiwillig taten, wie wir das alle hier im Raum auch einmal getan haben, hat seine große Bedeutung. Denn uns wird in der Berührung und mit dem Ausgeliefertsein an die mit der starren und groben in der größten Gottferne befindlichen Mate- rie dieses Kosmos’ die Gelegenheit gegeben, uns Gott wieder erneut und freiwillig zuzuwenden. Dem freien kraftvollen Geist wird seine Herkunft in diesem Vorgang gnädig verschleiert, und so kann er sich in erneuter Übergabe an Gott von Ihm und Seiner Liebe ergreifen und umwandeln las- sen. Diese Umwandlung unseres Geistes kann nur Gott allein in einem Gnadenakt bewirken, und wir tun gut daran, uns dieser Gnade in Demut anzuvertrauen. Dann kann sie geschehen, die Wiederge- burt im Geiste, von der Jesus zu Nikodemus im Johannesevangelium2 spricht. Sie ist die Umkehr des Geistes in die Willensrichtung Gottes und Voraussetzung für eine Entwicklung zurück zu Gott. Jeder Mensch, der hier sein Leben leichtfertig gefährdet oder es sich sogar selbst nimmt, begeht ei- nen schweren Fehler, denn er begibt sich einer großen Chance, die so nie wiederkehrt. 

Vierte These

Geist und Seele sind zwei grundsätzlich verschiedene Teile unserer Persönlichkeit


Unser Geist, wie Carl Welkisch ihn erlebt hat, ist als Kern unserer Persönlichkeit von ungeheurer Intensität und Vitalität. Er sagt darüber: „Der individuelle Geist und der Körper sind Gegensätze, von deren Spannweite kein menschliches Vorstellungsvermögen sich auch nur annähernd einen rich- tigen Begriff machen kann. - Der Geist durch und durch Leben; der Körper, für sich allein genom- men, durch und durch Tod. - Die Gegensätzlichkeit zwischen ihnen ist so groß, dass eine unmittelba- re Einwirkung des Geistes auf den Körper gar nicht möglich ist, ohne den Körper in seinem Bestande zu gefährden. Darum steht zwischen diesen beiden äußersten Gegensätzen als vermittelndes Binde- glied die Seele.“3 In seinen weiteren Ausführungen erfahren wir noch viel Erhellendes. Wichtig ist, dass die sehr schwankende und allen möglichen Stimmungen ausgelieferte Seele allmählich unter die Herrschaft ihres Geistes gelangen soll. Er ist Träger des höheren Bewusstseins in uns und des inner- sten Gewissens und stellt unsere Verbindung zu Gott dar. Die Seele muss gefestigt und durch gute Erziehung und Vorbilder zu verantwortlichem Handeln geleitet werden. Geschieht das nicht, zieht sich der Geist mehr und mehr zurück und meidet die in die Äußerlichkeit abgeglittene Seele, welche dann, allein gelassen, zu vielen Lieblosigkeiten und Torheiten wie Drogengenuss und Abhängigkei- ten neigt oder leicht dazu verführt werden kann. Sie ist dann sprichwörtlich „von allen guten Gei- stern verlassen“. Carl Welkisch empfahl, sich an Vorbildern zu orientieren, wie wir sie in den katho- lischen Heiligen wie Don Bosco, Dominikus Savio, Franz von Assisi und vielen anderen kennen oder an großen Menschen, die aus ihrem Geiste der Liebe gehandelt haben wie Mahatma Gandhi, Martin Luther-King und andere mehr. Carl Welkisch hat sie nach dem Tode in wunderbarer himmli- scher Entwicklung erlebt. Bei Mutter Teresa erlebte er immer sofort die Nähe Christi, wenn er von ihrem Wirken erfuhr. Ziel für jeden Menschen ist es, die Seele so weit geläutert zu haben, dass sie nach dem Tode bald in Ihren Geist aufgenommen werden kann. Erst wenn das passiert, ist die Erste Auferstehung erreicht. 

Fünfte These

Das Fortleben nach dem Tode ist noch nicht die Auferstehung


Stirbt ein Mensch, so geht er zurück in das Reich, aus dem er gekommen ist. Er hat seine Lehrzeit hier auf der Erde beendet. In der Regel wird er dabei von Geistern begrüßt, die ihm vorangegangen sind und zu denen er eine wie auch immer geartete Liebesbindung gehabt hatte. Die Reanimierten berichten davon in ihren Nahtoderfahrungen. Auch auf dieser jenseitigen Ebene haben die Geister eine durchaus handfeste Körperlichkeit, die der unseren hier in nichts nachsteht. Sie hat nur eine viel
höhere Schwingungsfrequenz und ist somit nur für unsere bloß irdischen Sinne nicht fassbar. Nachdem diese erste große Wiedersehensfreude langsam abgeklungen ist, muss nun jeder – anders als hier auf der Erde – in diejenige Region der jenseitigen Welt hineingehen, in welche er seiner in- neren Entwicklung und Beschaffenheit nach gehört. Wie vorher schon erwähnt, findet er sich dann in der Gesellschaft Gleichgearteter, die in einer Sphäre zusammengefasst sind. Diese Basis der glei- chen Art bezieht sich auf die innere Liebe zueinander und die damit untrennbar verbundene Liebes- bindung an Gott, von dem allein wir ja diese Liebe erhalten und in uns verwirklichen. Hierbei kommt es nun auf das Zusammenspiel von Seele und Geist an, die ja noch ein gewisses Eigenleben führen. Hat die Seele noch viele Unebenheiten und Defizite, dann müssen diese erst einmal abge- schliffen werden. Die katholische Kirche spricht zu Recht von den Reinigungsorten und dem Fege- feuer, das die Unreinheiten verbrennen und die Seele läutern soll. Carl Welkisch hat diese Orte oft gezeigt bekommen. Seelen, die sich dieser Unreinheit bewusst sind, gehen dann freiwillig in diese Orte, denn sie erkennen, dass ihre Entwicklung ohne diese Reinheit nicht weitergehen kann. Die See- le muss gereinigt und himmelsfähig werden. Erst dann kann sie ihr Geist an sich ziehen und völlig in sich aufnehmen. Das nun ist die Erste Auferstehung, wie Carl Welkisch sie nennt. In ihr erleben die Geister dann eine große Seligkeit. Carl Welkisch sagt uns, dass sie nichts Geringes ist: Wenn ein normaler Weltmensch diese Seligkeit nur einen Moment lang erleben würde, er gäbe alles, wirklich alles dafür hin, ihn nur ein zweites Mal erleben zu können. Ich hatte davon in einem der oben er-
wähnten Vorträge Genaueres berichtet.
Aber da gibt es ja noch eine andere Verheißung, die gerade jetzt in der nachösterlichen Zeit beson- ders in den Blickpunkt gerät: Die Auferstehung des Fleisches, wie ich das als Konfirmand damals noch im Glaubensbekenntnis gelernt habe. Diese Erwartung ist uns „modernen“ Menschen völlig abhanden gekommen und erscheint uns absurd. Gerade noch habe ich den Spiegel-Artikel gelesen mit der Überschrift: „Christentum – Wer glaubt schon an Auferstehung?“ Laut seiner Studie von 2007 glauben nur noch 35% der Christen an die Auferstehung des Leibes, wenn auch etwa die Hälfte von einem Fortleben nach dem Tode überzeugt ist. Der evangelische Theologe Gerd Lüdemann ver- abschiedete sich schon vor längerem (1998) in einem offenen Brief an Jesus ganz und gar von Ihm und hält die Auferstehung für ein Märchen. Eine deutliche Bilanz!
Ganz anders nun Carl Welkisch! Sein ganzes lebenslanges Stillhalten beim Wirken Gottes in ihm ist gerade auf dieses Ziel gerichtet gewesen. Er erklärt uns, wie er die Auferstehung des Leibes durch Gottes Wirken am eigenen Leibe erfahren hat. Nachdem er bis etwa 1917 in seiner Entwicklung dar- auf vorbereitet worden war, eröffnete ihm Gott in einer großen Berufungsvision Sein Ziel, nun auf dem Entwicklungswege erstmalig die Materie seines noch im Diesseits lebenden Körpers in reinen Geist umzuwandeln. Was bei Christi leiblicher Auferstehung eine Folge des direkten Eingriffs Got- tes gewesen und tatsächlich geschehen ist, soll nun aber hier in einer langsamen Durchwirkung und Entwicklung vollbracht werden, die dann – einmal vollendet – später allen Menschen zugute kom- men soll. Hierzu musste auf leidvollste Weise die Kraft Gottes jede einzelne Zelle des Körpers, d. h. ihren innersten geistigen Kern, den auch sie hat, dazu bringen, ihren starren Eigenwillen durch all- mähliche Zermürbung freiwillig aufzugeben. Erst dann konnte sie Gott in die Richtung Seiner selbst- losen Liebe verwandeln und für die Aufnahme in den Geistleib fähig machen. Für Carl Welkisch war das ein nimmer enden wollender qualvoller Vorgang, weil er mit seinem „geistigen Hellgefühl“, das ihm jede seiner Zellen voll bewusst machte, diese Umwandlung nach Gottes Willen miterleben musste. Es gab offensichtlich keinen anderen Weg, und Gott musste immer wieder um seine Geduld werben, nicht aufzugeben um dieses hohen Zieles willen. So ist Carl Welkisch nicht nur Mystiker, sondern auch Märtyrer gewesen, wie das der Autor Eberhard Maria Körner in seinem Buch „Wege zum Licht“ beurteilt hat. Denn Carl Welkisch ist tausende von mystischen Toden gestorben. Und nicht genug, dass diese Quälerei auszuhalten gewesen war, nein, es gab zusätzlich noch immer ein zähes Ringen mit der widergöttlichen Gegenseite, die ihre letzte Bastion, die grobe Materie, hier in Auflösung begriffen sah und ihn in drastischer Weise attackierte, um ihn zur Aufgabe seines Auf- trags zu bewegen.
Nachdem nun die Zellen des physischen Leibes auf diese Weise vergeistigt worden sind, können sie schließlich in den Geistleib mit aufgenommen werden, was eine deutliche Steigerung des Selig- keitszustandes auslöst und was Carl Welkisch die Zweite Auferstehung nennt. Sie ist das Endziel jeglicher Entwicklung zur endgültigen Gotteskindschaft, die dann unantastbar geworden ist und nicht mehr verloren werden kann. Was an der Leibeszelle unverweslich ist, der Zellgeist, bleibt auch in Ewigkeit erhalten, gleichgültig, ob jemand nun nach dem Tode verbrannt wird oder auf natürliche Weise verwest. Diese Zellgeister des Körpers sind bei der Inkarnation ewiger Besitz des einzelnen Menschen und Geistes geworden. Normalerweise geschieht diese Umwandlung seines grobmateriel- len Körpers für den einzelnen Verstorbenen erst lange nach seinem Tode. Sie hat aber zunächst die Erste Auferstehung, d. h. die Aufnahme der geläuterten Seele in den Geist, zur absoluten Voraus-
setzung.
Also es gibt sie, die Auferstehung des Fleisches, wenn auch anders als bisher vorstellbar. Carl Wel- kisch bezeugt sie und hat sie sein Leben lang an sich erfahren. Dass Gott nun nach Seinem uner- forschlichen Ratschluss diese Entwicklung eingeleitet hat, schon hier im irdischen Leben bei einem von Ihm dazu auserwählten Menschen damit zu beginnen, hat das Ziel, in fernen Zeiten einen naht- losen Übergang in die Zweite Auferstehung zu ermöglichen. Damit wäre der Tod mit all seinen Schrecknissen exemplarisch schon einmal endgültig überwunden, wenn auch teuer erkauft durch unendliches Leiden eines von Gott dazu ausersehenen Liebegeistes. Es ist der Anstoß gegeben für eine immer weiter sich fortschreibende Entwicklung hin zu einem todlosen Übergang auf die andere Seite für alle. Eine wahrhaft frohe Botschaft!
Dies war wohl der schwierigste Teil meines Vortrags, die „Vergeistigung des Leibes“, wie Carl Welkisch sie nennt, verständlich zu machen. Ich kann nicht abschätzen, ob mir das gelungen ist. Carl Welkisch beschreibt diese Vorgänge immer wieder und viel besser als ich das hier in der Kürze kann. Alles scheint unglaublich, aber es ist doch wahr. Ich bin vielfach Zeuge dieses Kampfes gewe- sen. Und es war alles andere als der Kampf eines Menschen, der sich das womöglich alles nur einre- dete, wie mancher vielleicht einwenden mag. Carl Welkisch war trotz allen Feingefühls von großer seelischer Gesundheit und Robustheit, sonst hätte er diese Aufgabe auch schwerlich erfüllen können. Dazu hat er noch unendlich vielen Menschen seelischen und auch physischen Beistand leisten müs- sen und können, die sich an ihn gewandt hatten. Ich habe ihn als echten, wahrhaftigen und über alle Maßen demütigen Menschen in jeder Phase unserer langen 27jährigen Freundschaft erlebt, der über jeden Zweifel erhaben war.

Sechste These

Kein Leid dieser Welt geschieht umsonst


Wie kann Gott es zulassen, dass so viel unverschuldetes Leid in dieser Welt geschieht? Diese Frage, die alte Theodizée-Frage, treibt den auf Gott bezogenen Menschen sehr um und bringt ihn in Nöte und schließlich auch in Zweifel. Ich kenne Menschen, die sich aus diesem Grunde von Gott abge- wandt haben. Hierzu möchte ich Carl Welkisch selber zu Worte kommen lassen und dabei auch eine Gottesansprache vorlesen, wie er sie uns in seiner Biographie mitteilt. Er empfing sie 1948 im klei- nen Ort Weidenberg, im oberfränkischen Kreis Bayreuth, in den ihn und die Seinen das Vertriebe- nenschicksal für zwei lange Jahre verschlagen hatte. Ich bitte Sie noch um die Geduld für diese län- gere Passage, die anzuhören sich meines Erachtens sehr lohnt, um Carl Welkisch noch tiefer zu ver- stehen und einzuschätzen.
(Zitat: Im Geistfeuer Gottes, Ausgabe 1979, 287)
Weidenberg, 24. August 1948
Heute morgen hatte mir die Post drei Briefe gebracht aus ganz verschiedenen Gegenden Deutsch- lands. Alle drei kamen von langjährigen, lieben Freunden, und alle drei berichteten dem inneren Sinn nach dasselbe: von drückender Not, aus der kein Bitten und Beten herauszuhelfen vermag, in der

sich die Kräfte durch Krankheit und wirtschaftlichen Mangel verzehren und die Ausweglosigkeit die Menschen schier verzweifeln läßt. Alle drei Schreiber kenne ich als hilfs- und opferbereite Menschen, vom besten Willen beseelt, den ihnen vom Schicksal gestellten Aufgaben im christlichen Sinne gerecht zu werden. Alle drei haben ihr Heim und ihre Habe eingebüßt und müssen in äußerster Dürftigkeit leben mitten unter vielen anderen, welche nichts oder nur wenig verloren haben und im eigenen Heim noch mit Kleidung, Wäsche und sonstigen täglichen Gebrauchsgütern gut und reichlich versehen sind, aber gar nicht daran denken, etwas abzugeben. So macht den Not- leidenden auch noch die handgreifliche Ungerechtigkeit des Schicksals, das die Gleichgültigen, Mit- leidlosen, in Ichsucht Befangenen so sichtlich bevorzugt, schwer zu schaffen. Sie beginnen, an Gott zu zweifeln, der das alles geschehen läßt, als ob ER sie vergessen oder nicht die Macht hätte, ihnen

zu helfen.
Das paßte so recht zu den Gedanken und Gefühlen, die in mir ständig wachgehalten werden durch

die elenden Verhältnisse, in denen ich selbst hier zu leben gezwungen bin; und ich kann die Gemüts- verfassung dieser Freunde wie überhaupt aller Notleidenden nur allzugut verstehen und nachfühlen.
Den ganzen Tag über hatten mich diese Nachrichten der Freunde tief bewegt und mir schwer zu- gesetzt. Als wir uns nun abends zu unserem gewohnten Spaziergang trösteten und ich allein in der Dunkelheit vor dem Brunnen auf dem Markt wartete, ließ sich ganz unvermittelt die Stimme Gottes in mir vernehmen und sprach zu mir:
„Bedenke doch nur einmal deine eigene Lage! Geht es dir etwa anders? ICH habe dich ausersehen zu diesem schweren, leidvollen Weg, zur Hilfe und Rettung für die anderen. Daß das keine Einbil- dung von deiner Seite, sondern eine wahrhaftige Tatsache ist, beweisen dir die tiefen Verbindungen und Einungen mit MIR, dem Allmächtigen Gott, die du immer wieder erlebst. Kannst du sie dir in deinem Menschlichen abstreiten oder ausreden? Versuche es einmal ernstlich, ob das möglich ist!“
Nach einigem Besinnen mußte ich zugeben, daß die Tiefe meiner inneren Verbundenheit ein sol- ches Abstreiten völlig unmöglich mache.
„Du siehst also“, sprach die göttliche Stimme weiter, „du leidest für so viele und gehst dein ganzes Leben lang für die Menschheit beständig durch die grausigsten Leiden. Und wer weiß darum? Wer erkennt dich und erkennt dein Opfer an? Wer nimmt dich auf und ist bereit, dir dein schweres Leben zu erleichtern? Doch nur eine verschwindend kleine Minderzahl. Dabei hätten die Menschen es ei- gentlich so leicht, dich richtig zu erkennen, da du ihnen mit deinen Erlebnissen wahren göttlichen Geist vermittelst.
Denk doch einmal zurück an die früheren Jahre deines eigenen Suchens! Du wärest doch in deiner Jugend schon wer weiß wohin gereist oder gelaufen, um den Menschen kennenzulernen, von dem du erfahren hattest, daß er solche Gottesverbindungen erlebe. Allein schon um seiner Erlebnisse willen hättest du solchem Menschen doch deine ganze Liebe entgegengebracht und wärest bereit gewesen, ihm nach bestem Können zu helfen! Wie anders verhält sich dagegen die heutige Menschheit ganz allgemein! Sie laufen nur dem eigenen Ich nach und schließen sich dadurch selbst von aller höheren Einwirkung und Hilfe ab. Sie sind so voller Eigenliebe, Selbstgerechtigkeit, Eigendünkel, Kritik- und Zweifelsucht, daß sie sich der Wahrheit gar nicht mehr unbefangen öffnen können. Darum sind auch nur so wenige imstande, die Wahrheit und Echtheit deiner Erlebnisse zu erfühlen und nachzuer- leben; darum ist auch in ihren Herzen kein Raum mehr für wahre Liebe. So verbauen sich die Men- schen selbst den Weg der gnadenvollen Zwischenwirkungen. Wer soll ihnen bei so viel Lieblosigkeit noch helfen können? Das kann niemand, kein Menschenbruder und auch kein Gott!
Auch MIR, dem Allmächtigen Gott, geht es den Menschen gegenüber nicht anders. Aus Meiner hohen Lebensordnung kann ICH MICH ihnen nur in Liebe bei voller Wahrung ihrer Freiheit nahen. Freiwillig und aus Liebe sollen sie sich MIR öffnen. Um ihrer Freiheit willen muß ICH daher auch all ihrer Lieblosigkeit und Bosheit freien Lauf lassen. Sie selbst also bereiten sich die Hölle, in der sie heute leben. Wie kann man MICH also für die furchtbaren Schicksale verantwortlich machen, welche die Menschen sich selbst bereiten, oder gar MICH auch noch beschuldigen, deren Urheber zu sein? ICH bin der Gott der Liebe. Warum zweifelt ihr an Meinem guten Wollen?
Hier auf dieser Erde sind die Menschen in die volle Freiheit gestellt; sie haben die freie Wahl, ob sie den Weg der wahren Liebe gehen und sich gegenseitig helfen und unterstützen oder, der Eigenliebe folgend, einander beeinträchtigen, befehden und vernichten wollen. Mit wenigen Ausnahmen geht die Menschheit den Weg der Eigenliebe, und allein daraus ergibt sich auch für dich dein qual- volles stellvertretendes Leiden. Wenn Menschen aus gutartigem Herzen sich bereit finden, dir zu helfen, und dir dein schweres Los erleichtern wollen, werde ICH MICH immer darüber freuen und ihre guten Absichten mit allen Meinen Liebeskräften fördern. Doch der Entschluß dazu muß aus ih- nen selbst kommen. Wenn Mein Liebesantrieb von innen her es nicht erreicht, daß sich ihre trägen Herzen zu tätiger Liebe aufraffen, kann ICH den Ablauf des Schicksals nicht ändern. Denn jedes Eingreifen durch MICH von außen her wäre eine Beeinträchtigung der menschlichen Willensfreiheit. Das einzusehen, ist doch wahrlich nicht so schwer; und wo der Verstand nicht ausreicht, Mein We- sen zu begreifen, da hätte jeder Mensch die Möglichkeit, MICH im Glauben zu erfassen. Aber glau- ben wollen sie ja heute erst recht nicht mehr; und gegen die Belehrung verschanzen sie sich in selbst- sicherer Besserwisserei hinter überkommenen Auslegungen oder vorgefaßten Meinungen irgendwel- cher Art. Sie nennen „nicht biblisch“ alles das, was gerade ihrer Auffassung eines Bibelwortes nicht ganz zu entsprechen scheint, und bedenken nicht, daß auch die Bibel jedem Leser mit jedem neuen
Grad geistiger Erschlossenheit einen neuen, tieferen Sinn zu offenbaren hat.
Hätten sie wahre Liebe, dann würde ihnen durch teilnahmsvolles Einfühlen in dein schweres

Schicksal die Wahrheit bald aufgehen. In ihrer liebelosen Verschlossenheit sind sie mit vorschneller Kritik gleich bei der Hand, um alles Neue abzuwehren, was sie in ihrer trägen Ruhe stören und aus dem altgewohnten, bequemen Geleise bringen könnte. Auf diese Weise verscherzen sie sich die ein- zigartige Gelegenheit, sich auf dem Weg über dich von MIR Selbst belehren zu lassen. Und so mußt du, wie auch ICH Selbst, verkannt und unerkannt bleiben.
Dein menschliches Hadern verstehe ICH wohl und fühle alle Not und Qual mit dir. ICH weiß sehr wohl, was es heißt, in dieser lieblosen, grausamen und närrischen Welt leben zu müssen und sich mit einem weit geöffneten Liebewesen darin zu behaupten. Dazu gehört die tiefste göttliche Liebe, Sanftmut, Geduld und Standhaftigkeit. Denn da die Menschen deine wie Meine Liebe unmittelbar zu empfinden viel zu wenig fähig sind, bleibt keine andere Möglichkeit als der Weg des Leidens, um Zugang zu ihren verhärteten Herzen zu gewinnen. Ihre Lieblosigkeit, Rücksichtslosigkeit und Bos- heit muß sich frei auswirken können gegen unsere Liebe, die das alles hinnehmen und ertragen muß, ohne sich zu wehren oder sich erbittern zu lassen, damit alle Kräfte der Bosheit, sich wie in eine völ- lige Leere hinein entladend, sich gänzlich erschöpfen können. Erst wenn so ihre Bosheit alle Kraft verloren hat, und ihre kalten, stolzen Herzen davon ganz leer geworden sind, kann unsere Liebe sie erwärmen und erweichen.“
So muß ich also weiter meinen schweren Weg des Leidens und des verborgenen, innerlichen Wir- kens still und unerkannt durch die Menschheit gehen. Aber der Verstand will immer wieder nicht recht einsehen, warum es trotz der göttlichen Liebe und Gnade dennoch gar so schlimm und grausam in der Menschheit zugehen muß.
(Zitat Ende)
Schweres unverdientes Leid, auch kollektives Leid wie die Shoa oder Leid durch Naturkatastrophen ist aus Gottes Sicht, wie sie Carl Welkisch be- und erleuchtet worden ist, niemals umsonst. Unser Weg hier auf dieser Erde ist ein Übergang, auf dem wir eine Schulung durchlaufen sollen. Dazu ge- hört das Leid. Es ist Gottes einziges Mittel, uns Menschen zu erreichen, ohne unsere Willensfreiheit anzutasten. Seine Weisheit bemisst das Leid, das Er einem Menschen zumutet. Zudem gibt es noch zusätzlich das stellvertretende Leiden, in dem einem im geistigen Sinne schwachen Menschen da- durch geholfen wird, dass seine Last von einem Stärkeren mitgetragen wird. Hier betreten wir ein großes Feld, das Raum in einer eigenen Veranstaltung benötigte. Carl Welkisch ist in seinen schwe- ren übersinnlichen Leiden von Gott mehrfach getröstet worden: „Die letzte Verzweiflung ist Mein Feld, da wirke Ich Wunder“.4 In der Aufgabe des Ich und der restlosen Hingabe an Gott kann Er uns verwandeln. Er weiß, was Er tut, und wir dürfen das letzte Vertrauen in Ihn haben; denn „Was Gott tut, das ist wohlgetan...“5 Alles hat seinen Sinn, wenn wir ihn denn auch erst auf der anderen Seite
des Lebens ganz zu erkennen vermögen und dann dankbar sein werden, dass Er uns zu
unserem eigenen Besten geführt und geleitet hat.
Meine sechs Thesen zusammenfassend möchte ich diesen Vortrag abschließen:
Unser Leben hier auf der Erde findet statt als wichtige Episode unseres gesamten ewigen Le- bens. Gekommen aus jenseitigen Reichen, kehren wir nach dem Sterben für immer wieder zu- rück in die Heimat und erleben bei entsprechender, mitunter auch leidvoller Entwicklung nach einer Wiedergeburt in unserem Geiste eine erste Auferstehung, die in einem weiteren Schritt auch die körperliche Auferstehung in der beschriebenen Weise mit einschließt.
Wohl wissend, dass ich nur Einiges, wenn auch Wesentliches, habe sagen und berichten können von diesem Kosmos der Mystik Carl Welkischs, vom Opfergang eines Knechtes unseres Vaters im Himmel, hoffe ich doch, dass ich Ihnen einen kleinen Eindruck davon vermitteln konnte.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und ich freue mich auf eine lebendige Diskussion!
Wenn Sie Weiteres erfahren möchten, verweise ich auf meinen Merkzettel, auf dessen Rückseite sich auch eine Literaturliste befindet.
Carl Welkisch
* 14.12.1888 Gloden/Głodno / Kr. Bomst, ehem. Prov. Posen -­‐ † 09.08.1984 Überlin- gen/Bodensee
Carl Welkisch war ein bedeutender christlicher Mystiker des 20. Jahrhunderts. „Das Erdendasein des Mystikers hat einmal den Zweck, durch die Verwirklichung der tiefsten Gottverbundenheit eine Leitungsbahn zu schaffen, auf welcher Gottes Kräfte jederzeit ungehindert und ohne die naturgesetzliche Ordnung zu stören oder zu umgehen bis in die irdische Welt ausgleichend und helfend einwirken können. Zum andern ist es Aufgabe des Mystikers, durch das Aufsichnehmen schwerster Leiden die eigene Entwicklung sowohl als auch die Entwicklung seiner Mitmenschheit im Sinne weiterer Erschließung für den Geist vorwärts zu bringen...“ (Carl Welkisch, Im Geistfeuer Gottes)
Carl Welkischs Leben legt in besonders eindrucksvoller Weise Zeugnis ab von einem neuen und großen Wirken Gottes in dieser Zeit, das sich in bescheidener Zurückgezogenheit unauffällig vollzo- gen hat. Schon als Kind von Gott dazu berufen, sollte er in einer menschlich natürlichen, d. h. natur- gesetzlichen Entwicklung die Materie seines Leibes von Gott durchwirken und somit „vergeisti- gen“ lassen. Gott hielt die Zeit für gekommen, erstmalig einen gewaltigen Durchbruch des Geistes hinein in die äußere Materie des Leibes und somit in die grobe Materie überhaupt vorzunehmen. Da- zu hat ER sich einen Menschen auserwählt, an dessen irdischem Leib ER dieses Wunder vollbrachte, das die Christenheit von Anbeginn erwartet und dies im Glaubensbekenntnis als die „Auferstehung des Fleisches“ bekannt hat. Bei diesem Vorgang hat der Mensch Carl Welkisch Gott als demütiges Werkzeug gedient. In einer der von Carl Welkisch bezeugten Gottesansprachen heißt es: „ICH bin in dir ein ganz natürlicher Gott geworden.“ Der Weg zu diesem Ziel war für den Mystiker Carl Wel- kisch die 96 Jahre seines Lebens überaus leid- und auch gefahrvoll und konnte nur in rückhaltloser Hingabe an Gott und Christus gegangen werden, auch mitten in der Hölle eines nationalsozialisti- schen Konzentrationslagers. Das mit großer Geduld heldenhaft und lebenslang getragene stellvertre- tende Leiden macht das Zeugnis glaubwürdig, das Carl Welkisch in seinem Lebensbericht „Im Geistfeuer Gottes“ ablegt. So wie uns Carl Welkisch diesen Vorgang der Leibesvergeistigung aus erlebter Anschauung beschreibt, ist die Auferstehung des Fleisches auch für uns Heutige begreifbar und akzeptabel geworden.
Die Bücher Carl Welkischs geben darüber hinaus auch Wegweisung und Orientierung für uns heutige Menschen, die wir mit Drogengenuss, Sucht, Eros, Sexualität, Ehe, Homosexualität oder Verantwortung für die Schöpfung konfrontiert sind. Hier werden uns aus der in tiefer mystischer Gottverbundenheit gewonnenen Einsicht die Dinge mitunter ganz neu und unerwartet beleuchtet.
Fragestellungen wie die des Umgangs mit dem Leid in dieser Welt, des Verhältnisses von Christentum zu anderen Religionen, der nur scheinbar plausiblen Reinkarnationsvorstellung, auch der des Lebens nach dem Tod oder der Existenz des Bösen werden aus dieser Sicht in verständlichen Worten quasi nebenbei beantwortet und sind nicht das Ergebnis theoretischer Erwägungen. Beson- ders in den Gottesansprachen wird in ergreifender Weise immer wieder Zeugnis gegeben von der großen Liebe Gottes zu Seinen Geschöpfen, die ER auch gerade auf ihren Abwegen nur allzu gut versteht und ermutigt, sich mühselige Umwege zum Ziel zu ersparen.
Hier wird der Anbruch eines wirklich neuen, geistigeren Zeitalters bezeugt. Die unvoreinge- nommene Kenntnisnahme des Lebenswerks Carl Welkischs und des darin erkennbaren Wirkens Got- tes in dieser Zeit ist geeignet, dem ernsthaft Suchenden die ureigenen christlichen Überzeugungen neu zu entdecken und zu beleben, die der Rationalismus und der Materialismus wie auch mitunter die von diesen beeinflusste Theologie längst ad acta gelegt zu haben glauben. So können auch die Kirchen, von denen sich immer mehr enttäuschte Menschen abwenden, bei entsprechender Offenheit wertvolle und belebende Impulse erhalten.


1 Carl Welkisch, Im Geistfeuer Gottes, Überlingen 1979, 33
2 Joh. 3,3 und 3,7
3 Carl Welkisch, Im Geistfeuer Gottes 1957, 11

4 Im Geistfeuer Gottes 1979, 339
5 Samuel Rodigast 1675 Evangelisches Gesangbuch Nr. 372






Literatur 

12 Edmund Mangelsdorf


Carl Welkisch, Vergeistigung, Darmstadt 1927, Otto Reichl Verlag
Carl Welkisch, Im Geistfeuer Gottes, Der Leuchter Otto Reichl Verlag, Remagen 1952 (1957)
Carl Welkisch, Im Geistfeuer Gottes, Neufassung 1979, Reichl Verlag Remagen 1979, 3. Auflage im Geistfeuer Verlag, Überlingen 1998
Carl Welkisch, Der Mensch zwischen Geist und Welt, Remagen 1976; 4. Auflage, Reichl Verlag Der Leuchter, St. Goar 2000.
Carl Welkisch, In der Liebesglut Gottes, Erlebnisse und Einsichten über das Zusammenspiel von Liebe und Sexualität, Geistfeuer Verlag, Überlingen 1987.
Carl Welkisch, in den Fußstapfen Christi, (Abschluss des Lebensberichtes „Im Geistfeuer Gottes“ von 1979 bis zu seinem Tode 1984, herausgegeben von Uwe Beyer), Geistfeuer Verlag, Überlingen 1988
Carl Welkisch, In the Spiritual Fire of God, including the supplement In the Footsteps of Christ, Übersetzung Im Geistfeuer Gottes und In den Fußstapfen Christi ins Englische, Geistfeuer Verlag, Überlingen 2010
Carl Welkisch, Man between Spirit and World, Übersetzung Der Mensch zwischen Geist und Welt ins Englische, Geistfeuer Verlag, Überlingen 2009
Eberhard Maria Körner, Carl Welkisch, Mystiker und Märtyrer, in: Wege zum Licht, Erlebnis- se und Gespräche mit Mystikern, Sehern und Meistern, G. E. Schröder Verlag, Garmisch- Partenkirchen 1962
Adalbert Töpper, Carl Welkisch, in: Wandlung durch Liebe, Droemersche Verlagsanstalt Th. Knauer Nachf., München 1990
Anouchka und Andreas Hempel, Carl Welkisch, Hiensdorf / München 1986, 2. Auflage Geistfeu- er Verlag, Überlingen 2002 (auch in englischer, französischer, italienischer und polnischer Sprache)
Uwe Beyer, Carl Welkisch – Geistiger Heiler und Wegweiser zu Christus (Eigene Erinnerungen und Berichte seiner Patienten und Freunde), Geistfeuer Verlag, Überlingen 1990.
Marianne Bunk, Martin Dresler-Schenck, Ein Gottesbote des 20. Jahrhunderts, Begegnungen mit Carl Welkisch, Geistfeuer Verlag, Überlingen 1994
Edmund Mangelsdorf, Carl Welkisch 1888-1984, Geistiges Zeugnis für unsere Zeit, in Edith Stein Jahrbuch 2003, Jahreszeitschrift für Philosophie, Theologie, Pädagogik, andere Wissenschaf- ten, Literatur, Kunst, Bd. 9, Würzburg 2003, Echter Verlag




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